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Editorial

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top "Ein Staat ohne Staatsschuld tut entweder zu wenig für seine Zukunft oder er fordert zu viel von seiner Gegenwart" (Von Stein, Lehrbuch der Finanzwissenschaft)
Die Kritik an der Förderpolitik der derzeitigen Regierung sollte im Kulturbereich Tätige jedoch nicht daran hindern, die enge Perspektive unmittelbarer Kunst-Interessen zu verlassen und Entwicklungen in einen größeren politischen Zusammenhang zu stellen: Lohnerwerb, Steuern zahlen, Sozialversicherung, Kinderbetreuung etc. bestimmen Rahmenbedingungen für das Leben und Arbeiten von KünstlerInnen und KulturproduzentInnen, Budgetpolitik ist immer auch Gesellschaftspolitik.
Das Buch "Mythos Nulldefizit" zeigt anhand von aktuellen Entwicklungen in Sozialpolitik, Altersvorsorge, Frauenpolitik und bei der Vergabe öffentlicher Gelder, wie das Ziel des Nulldefizits in Österreich benutzt wird, um den Sozialstaat zu demontieren. Investitionen in Bildung, Forschung, Infrastruktur (und damit in die Zukunft) werden dem willkürlichen Erfolgskriterium "Nulldefizit" geopfert, während Mehrausgaben für das Heer kein Problem darzustellen scheinen.
Die FPÖVP-Regierung stigmatisiert Österreich zum Sanierungsfall und benutzt den daraus abgeleiteteten vermeintlichen Sparzwang, um die Aufgaben des Staates umzudefinieren und ihre Politik durchzusetzen. "Ordentlich wirtschaften" im privaten Haushalt oder im Wirtschaftsunternehmen wird mit dem Staatshaushalt gleichgesetzt, um Staatsschulden als Belastung der BürgerInnen und das "Nulldefizit" als oberstes allgemeines Ziel zu definieren. Ein fundamentales Missverständnis. Ein ausgeglichener Staatshaushalt ist kein Ziel an sich. Die Aufgabe des Staates ist die gesamtgesellschaftliche Lenkung mittels Einnahmen und Ausgaben, d.h. Erfüllung öffentlicher Aufgaben, Schaffung von Infrastruktur etc.
Die budgetären Vorgaben der EU werden als Rechtfertigung für das Nulldefizit instrumentalisiert. Deutschland setzte noch vor Beginn der Währungsunion eine Verschärfung durch, so dass ein Land, das das Kriterium der Neuverschuldung um 3% des BIP überschreitet, durch den EU-Ministerrat mit einer Geldbuße belegt werden kann. Österreich weist mit 1,8% zur Zeit zwar das höchste Defizit aller EU-Staaten auf, erfüllt damit allerdings die im Vertrag von Maastricht definierten Budget-Kriterien.
Häufig wird auch argumentiert "die Märkte" würden die Sparpolitik erzwingen, Kapital wandere andernfalls ab. Eigentlich hat sich die Politik jedoch mit Maastricht die vermeintlichen Sachzwänge selbst geschaffen und die liberalisierten Finanzmärkte als Kontrollorgane eingesetzt. Budgetpolitik, die bisher traditionell von demokratisch gewählten Organen geplant wurde, wird nun radikal entdemokratisiert. Technokratische Gremien des IWF, der OECD und der Wirtschafts- und Finanzausschuss der EU strukturieren Entscheidungen gemäß ihrer Dogmatik, die in Interessen eines Großteils der Bevölkerung nicht politische Aufträge, sondern Hindernisse sieht.

Ein überaus interessantes und lesenswertes Buch! Highly recommended!
Beirat für gesellschafts-, wirtschafts- und umweltpolitische Alternativen (http://www.beigewum.at), Mythos Nulldefizit. Alternativen zum Sparkurs
Wien, Mandelbaum Verlag, 2000
   
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