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Demokratie als Unvollendeter Prozess Denken ist eine Handlung. Denken ist eine Handlung, die vielen Handlungen vorausgeht, Denken und Handeln sind untrennbar. Jede und jeder denkt, in unterschiedlichem Ausmass, meistens um zu Entscheidungen für Handlungen zu gelangen. Wenn logisch geordnete Gedanken schriftlich festgehalten werden, wird das als Theorie bezeichnet. Die Dokumenta unter ihrem Leiter Okwui Enwesor besteht diesmal aus fünf Teilen, wovon 4 sogenannte Panels sind und nur der letzte Teil eine Ausstellung im klassischen Sinn. Das erste dieser Panels mit dem Thema "Demokratie als Unvollendeter Prozess" und damit der Beginn der Dokumenta fand im März/April in der Akademie für Bildende Kunst in Wien statt. Wenn wir uns nicht in einer angespannten politischen Lage befänden, könnte man sagen, dass zwischen Staatskunst (Dokumenta als das grösste deutsche Ausstellungsprojekt / Akademie f. Bildende Kunst) und dem akademischem Feld (vertreten durch eine hochkarätige Liste an VertreterInnenn von Universitäten) ein fruchtbare Symbiose eingegangen wurde. Auf der einen Seite das akademische Feld, das seinen Handlungsraum erweitert, indem es Denken als Handlung (ein Denken per se erscheint für die meisten Personen, selbst auf diesem Sektor wahrscheinlich als nicht wünschenswert) auf ein Denken vor der dem Handeln der KünstlerIn ausdehnt, auf der anderen Seite das künstlerische Feld, das Theorie (im Sinne in einer schriftlichen Niederlegung von Gedanken - niemand würde es heute wagen, seine nur verbal festgelegten Gedanken als Theorie zu bezeichnen, womit auch klar ist, dass es hinter der Theorie wenn auch nur den bescheidensten Apparat geben muss) immer stärker verwendet, um seine Handlungen und Produkte zu erklären, zu bewerten und auch zu legitimieren. Da wir uns in Österreich in einer angespannten politischen Lage befinden, lesen wir den Titel der Veranstaltung als eine Solidaritätsadresse und es ist spürbar, dass die Zuhörer und Zuhörerinnen den Versuch machen, das Gehörte in eine politische Praxis umzusetzen oder ihre Anwesenheit als Teil ihrer politischer Praxis verstehen. Das Setting: internationale Teilnehmer, zu 80%Männer, die mit gut vorbereiteten Textbeiträgen, z.T. vom Blatt gelesen, die Möglichkeit eines unmittelbaren, stark komprimierten Informationstransfer ad absurdum führen, was eher einer Wissenspräsentation als dem Versuch ähnelt, Gedanken verbal konstruktiv zu vermitteln oder zum Erarbeiten anzubieten das z.T. darauffolgende (-demokratische) spontane (und daher nicht vorbereitete) Frage- und Antwortspiel fördert oberflächlichen Diskurs. Conclusio: Die Veranstaltung scheint durch ihre Form zu ihren Inhalten im Widerspruch zu stehen und lässt sich aus unserer Sicht bisher als der Versuch eines Paradigmenwechsel vom postmodernen Strukturalismus zur postkolonialen marxistischen Theorie lesen. |
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