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01/01
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Editorial

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Fast ein Jahr lang hat sich die neu gebildete Redaktionsgruppe regelmäßig getroffen. Zunächst ging es um sehr grundsätzliche Fragen zur gemeinsamen Text-, Bild- und Zeitschriftenproduktion. Die Diskussionen und umherschweifenden Gespräche haben uns allen etwas/sehr/viel Spass und Erkenntnisgewinn gebracht. Verschiedenen Dingen wollten wir uns nicht aussetzen, einem periodischen erscheinenden Zeitdruck zum Beispiel, aber jetzt finden wir, dass die erste Nummer fertig sein soll. Wir träumen aber durchaus auch vom schnellen und mühelosen Produzieren, die entsprechenden Arbeitsweisen zu entwickeln ist einer unserer Pläne. Beim Schreiben glauben wir nicht, objektiv zu sein, wir sind keine Reporterinnen und haben nichts zu berichten.
Eines unserer Interessen ist es, Begriffe die allgemein verwendet werden, genauer zu betrachten. „Der korrekte Gebrauch von Worten ist nicht nur eine Frage der Grammatik, sondern der geschichtlichen Perspektive. Worte synonym zu gebrauchen, zeigt nicht nur, dass man das, was die Sprache eigentlich sagt, nicht mehr hören kann, was schlimm genug wäre; der Unfähigkeit, Unterschiede zu hören, entspricht die Unfähigkeit, die Wirklichkeiten zu sehen und zu erfassen, auf die die Worte ursprünglich hinweisen“ (Hannah Arendt).
Bezugnehmend auf die Situation in Österreich, stellten wir fest: der Begriff „faschistoid“ oder „rechtsextrem“ ist im allgemeinen Sprachgebrauch dem Begriff „faschistisch“ unbedingt vorzuziehen, da sonst auf der einen Seite die Greuel der Nationalsozialisten verharmlost werden und auf der anderen Seite die Vergrößerung einer „problematischen Sachlage“ deren Lösung nicht gerade vereinfacht.
Im gleichen Sinn ist auch das Wort Widerstand nicht glücklich gewählt, ist es doch eher ein Widerstreben gegen, ein Widerstreben, sich mit dieser demokratisch gewählten Regierung abzufinden und die „Bewegung“ demonstriert dies mit den ihr zur Verfügung stehenden, demokratischen Mitteln.
Der Punkt, der sich jedoch durch die Regierungsbeteiligung der FPÖ mit völliger Deutlichkeit gezeigt hat, wird nicht angetastet: die Schwäche eines Systems namens parlamentarischer Demokratie. Man/frau sollte oder müsste eben immer noch dazu anmerken, dass „Demokratie“ innerhalb sehr enger Grenzen definiert wird - seine Stimme „abzugeben“ und tatsächlich mitzuentscheiden sind eigentlich Sachen, die sich qua zeitgenössischem demokratischen Verständnis ausschliessen. Dazu gesagt werden muss wohl auch, dass die Demokratie eine ganz bestimmte Herrschaftsfunktion zu erfüllen hat und gleichzeitig die ökonomische Organisation der Weltgesellschaft nicht erwähnen darf. So bleiben demokratische WählerInnen potenziell auch immer Beherrschte, Untertanen und Unmündige, was aber die Verantwortung aller an der Herstellung der gesellschaftlichen Bedingungen (wie sie sind oder aber wie sie sein könnten) nicht mindert. Die kapitalistische Grundverfasstheit unserer gegenwärtigen Welt ist stillschweigend allem gesellschaftlichen Handeln vorausgesetzt.
Ökonomie und Wirtschaft sind nur mehr als kapitalistische vorstellbar — das Ausbeutungsverhältnis ist omnipräsent und damit unsichtbar geworden. Erst wenn es kurzfristig in die Un-übersehbarkeit tritt, wird es zum Skandal (siehe Seite 4: very smart production). Ein Schwerpunkt des Heftes ist auch aus diesen Gründen der Ökonomie gewidmet. Zusammenhänge sollen sichtbar werden, die zeigen, wie die Produktion von Waren und Ideologie einander bedürfen, um IM gesellschaftlichen Ganzen DAS gesellschaftliche Ganze — den Staat — die reibungslose Kontinuität der Summe der Herrschaftsverhältnisse — aufrechtzuerhalten.
Solange gesellschaftliche Perspektiven, die über diese Demokratie emanzipatorisch hinausweisen, nicht angestrebt werden und weiterhin diese Art von Demokratie anerkannt wird, müßte zugleich das Ergebnis dieser demokratisch durchgeführten Wahl bejaht werden.

   
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